Samstag, 24. Januar 2009
 
Dänemark: Krach ums Ungdomshuset PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von akin   
Dienstag, 19. Dezember 2006

In Kopenhagen existiert seit 1982 ein autonomes Jugendhaus. Vor ein paar Jahren wurde es der Stadt abgekauft - von einer konservativ-christlichen Sekte. Der eigenwillige Christenverein will jetzt endlich die Autonomen draußen haben - doch die fühlen sich von der Stadt betrogen und beharren auf ihren verbrieften Rechten. Jetzt sind daher die Polizeiknüppel am Wort.

Die internationale Solidaritätsdemonstration für das jetzt von der Räumung bedrohte, autonome Zentrum “Ungdomshuset” in Kopenhagen, die Samstag, 16.12., spätnachmittags stattfand, artete in schweren Strassenschlachten mit der Polizei aus. Dabei wurden um die 300 DemonstrationsteilnehmerInnen verhaftet. Eine bislang unbekannte Anzahl von DemonstrationsteilnehmerInnen wurden verletzt.

Mehrere Polizei-Hundertschaften in voller Kampfuniform und zahlreichen gepanzerten Einsatzwagen waren rund um das Ungdomshuset, den Sammelplatz der Demonstration, in Stellung gegangen. Massive Verstärkung hatte die Polizeiführung zusätzlich aus der Provinz rekrutiert. Der Kopenhagener Stadtteil Nörrebro, in dem das Jugendhaus liegt, glich zu diesem Zeitpunkt einen Heerlager staatlich bewaffneter Organe. Die Stimmung war bereits von Anfang an angespannt und explosiv.Das Ungdomshuset

Die Polizei weigerte sich die Demonstration zuzulassen und machte die Strasse an beiden Enden dicht. Die Demonstration mit ungefähr 1500 TeilnehmerInnen bewegte sich schließlich wenige hundert Meter vorwärts, bevor sie gestoppt und von wild brüllenden Polizisten von hinten angegriffen wurde. Darauhin erfolgte die Gegenwehr der DemonstrantInnen. Während sich die angespannte Stimmung zusehends beruhigte, wurden kleinere Barrikaden vor dem Ungdomshuset errichtet. Im folgenden wurden zahlreiche Banken und Geschäfte von Weltmarktketten entglast und Polizeiautos, die sich zuweit vorwagten angegriffen. Eine größere Gruppe von Aktivisten verbarrikadierte sich im Ungdomshuset, um eine eventuelle Räumung durch eine “schnelle Kommandoaktion” der Polizei im Vorfeld zu unterbinden. Doch ein Räumungsversuch fand nicht statt, stattdessen kam es aber noch bis in die späten Abendstunden zu keineren Konfrontationen zwischen Polizei und DemonstrantInnen.

Es sind 273 Festnahmen bekannt, davon 87 DemonstrantInnen aus dem Ausland und eine unüberschaubare Anzahl von Verletzten. Auch die Polizei hatte laut deren Pressesprecher einige Verletzte auf ihrer Seite.
Die überwiegend konservativ-bürgerlichen dänische Medien vermittelten fast ausschließlich die Version der Polizeipressestelle und zeigte ausschließlich Bilder militanter Angriffe von Seiten der AktivistInnen.

Hintergrund

Das Ungdomshuset hatte zu dieser Demonstration aufgerufen um der Öffentlichkeit und speziell den verantwortlichen Stadtratpolitiker zu zeigen, dass es keine weitere Alternative außer der militanter Verteidigung und einer konkreten politischen Initiative für den Erhalt des Ungdomshuset gäbe.
Hintergrund der aktuellen Eskalation ist der juristisch veränderte Status des Ungdomshuset. Seit Donnerstag, dem 14.Dezember, ist das Ungdomshuset durch einen Gerichtsbeschluss von einem legalen, selbstverwalteten Jugendhaus zu einen illegalen, besetzten Haus erklärt worden. Die BewohnerInnen fühlen sich von der Stadt betrogen. Denn das Haus, im Eigentum der Stadt, wurde 1982 der damaligen Hausbesetzerszene als Jugendhaus, mit dem Versprechen in Form eines Vertrages, dass die Stadt das Haus nicht verkaufen wird, zur Verfügung gestellt. Doch 1999 verkaufte die Stadt das Haus. Seit 2003 liegt das Ungdomshus in einem gerichtlichen Streit mit dem neuen Eigentümer, der rechten, fundamentalistisch christlichen Sekte Faderhuset (Vaterhaus).

Quellen:
http://ungdomshuset.info/article.php3?id_article=44
http://at.indymedia.org/newswire/display/56140/index.php
Bild: Indymedia

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